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Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Europarecht und Rechtsvergleichung
Prof. Dr. Wernhard Möschel
Multimedia und das Recht

äTelearbeit - eine juristische und ökonomische Bewertung" von Michael Nonnenmann



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äTelearbeit - eine juristische und ökonomische Bewertung"
von Michael Nonnenmann

Seminararbeit
Literaturliste
Inhaltsverzeichnis
 
 

I.  Problemstellung        

II.  Herkunft des Begriffes Telearbeit     

III.  Begriffsbestimmung äTelearbeit"     

  1. Technikeinsatz        3
  2. Arbeitsort        
  3. Arbeitszeit        
  4. Rechtsform        

IV.  Die verschiedenen Arten der  Telearbeit     

1. die örtlich-technische Differenzierung    
a. Teleheimarbeit       5
b. Telearbeitszentren       6
aa. Nachbarschaftsbüros     6
bb. Satellitenbüro       6
c. Mobile Telearbeit       6
d. Mischform: alternierende Telearbeit    7

2. Differenzierung nach der Rechtsform des Arbeitsverhältnisses 
a. Arbeitnehmer       9
b. Heimarbeiter       11
c. Arbeitnehmerähnliche Personen     12
d. Selbständige       13

V.  Geschichte der Telearbeit      

1. Die Anfänge        14
2. Telearbeit in den 80er Jahren      15
3. Telearbeit heute        16

VI.  Verbreitung der Telearbeit       

1. Keine verbindliche Datenlage      17
2. internationaler Vergleich       18
3. Deutschland        18

III

VII. Marktbedeutung        

1. Auswirkungen auf die Investition      19
2. Einflüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit    
3. Beschäftigungsimpulse       22
4. Arbeitsorganisatorische Herausforderungen    23

VIII . Drittwirkungen - Entlastung beim Verkehr und Umweltschutz 

IX. Soziale Bedeutung        29

1. Integration von Behinderten      29
2. Berufstätigkeit und Familie      
3. Mangelnde Karrierechancen / Vereinsamung    30
4. Scheinselbständigkeit       31
5. Unternehmensformen - virtuelles Unternehmen    32

X. Rechtsfragen         33

1. Zutrittsrechte        33
2. Individualarbeitsrecht       36
a. Statusfragen / Scheinselbständigkeit
b. Möglichkeit des Arbeitgebers, Arbeitnehmer zur   
 Telearbeit zu verpflichten?
c.  Exkurs: Zustimmung des Vermieters?    37
d.  Recht auf Rückkehr an den äalten" Arbeitsplatz?  
e.  Leistungskontrolle und Persönlichkeitsrecht  
f.  Aufwandsersatz       40
g.  Unfallversicherungsrechtliche Fragen    41
h.  Haftungsrechtliche Fragen      41
j.  Arbeitsschutz       43

3. Kollektivarbeitsrecht       45

XI.  Resümee         

XII. Anhang: Zusammenfassung der Betriebsvereinbarung der IBM 
 Deutschland GmbH

 Anmerkung:
 Wenn in der Folge von Telearbeitern, Mitarbeiter, Vorgesetzten etc. gesprochen  wird, sind immer weibliche und männliche Angehörige dieser Personengruppe  gemeint.

Literaturliste

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TA Telearbeit  Stellungnahme zu Fragen der Enquete-Kommission  äZukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft -  Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft/index.htm", 2.  Werkstattgespräch äArbeit
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 (zitiert: Verfasser, 2.WSG)

Seminararbeit

Telearbeit - eine juristische und ökonomische Bewertung

I. Problemstellung

Die vorliegende Arbeit hat die Analyse des Phänomens Telearbeit aus juri-stischer und ökonomischer Sicht zum Gegenstand. Darüber hinaus wird die Geschichte, so-wie die soziale und ökologische Bedeutung der Tele-arbeit thesenhaft beleuchtet.

Um dem Umfang des skizzierten Themas Herr zu werden, richtet sich das Augen-merk schwerpunktmäßig auf den abhängig beschäftigten Telearbei-ter, der in seiner eigenen Wohnung tätig wird. Er stellt nicht nur zahlen-mäßig die größte Gruppe dar, sondern wirft auch die interessanteren ju-ristischen Probleme auf.

Desweiteren wurde bei der vorliegenden Seminararbeit darauf verzichtet, ausführlich auf Problemgruppen einzugehen, die Gegenstand anderer Ar-beiten dieses Seminars sind (z.B. Datensicherheit und Datenschutz etc.).

II. Herkunft des Begriffes Telearbeit

Seit mehr als zwanzig Jahren wird in Wissenschaft und Gesellschaft lebhaft darüber diskutiert, wie die - durch die Industrialisierung bewirkte - Tren-nung von Arbeits-stätte und Wohnort wieder rückgängig gemacht werden kann . Auslöser dieser Dis-kussion war die Ölkrise von 1973, die mit ihren langen  Warteschlangen vor Tank-stellen und Sonntagsfahrverboten in den mobilitätsgläubigen Industriegesellschaften - vor allem in den USA - einen tiefen Schock hinterlassen hat. In der Folgezeit kam es daher zu zahl-reichen Publikationen, welche die Substitution von Personenverkehr durch Telekommunikation zum Gegenstand hatten .

Als Vater der Telearbeitsforschung gilt allgemein Jack Nilles , dessen For-schungs-gruppe auch den Begriff äTelecommuting" prägte. Die ersten deutschsprachigen Arbeiten zum Thema erschienen Anfang der 80er Jahre , wobei hier noch eine unter-schiedliche Terminologie zugrunde ge-legt wurde. Neben Telearbeit verwendete man synonym äFernarbeit", äTeleheimarbeit" oder ämoderne Heimarbeit".

Heute ist der Begriff äTelearbeit" weitgehend anerkannt, Meinungs-verschiedenheiten bestehen lediglich ob seiner exakten Definition. Ein Blick in die umfangreiche Literatur zeigt, daß es ebenso viele Definitionen von Telearbeit gibt, wie politische bzw. gesellschaftliche Positionen. Grund dafür ist,
daß eine bestimmte Definition von Telearbeit dem Verfasser diejenigen Ergebnisse hinsichtlich Quantität, Entwicklungstendenz, Umweltverträg-lichkeit, Rentabilität etc. von Telearbeit liefert, die er intendiert.
 
Deshalb ist es für eine wissenschaftliche Arbeit zum Thema Telearbeit zu-nächst un-erläßlich, eine exakte Begriffsbestimmung zu erarbeiten.

III. Begriffsbestimmung äTelearbeit"

Nach einer häufig verwandten  und für diese Arbeit zugrunde gelegten Definition bezeichnet

Telearbeit die wohnortnahe Arbeit unabhängig vom Firmenstandort an min-destens einem Arbeitstag pro Woche, wobei die (Zusammen-) Arbeit über räumliche Entfernungen hinweg unter primärer Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien erfolgt und eine Telekommunikationsver-bindung zum Arbeitgeber bzw. Auftraggeber zur Übertragung von Arbeits-ergebnissen genutzt wird.

Folglich ist die Telearbeit charakterisiert durch die Verbindung aus

 - einem bestimmten Technikeinsatz,
 - einem besonderen Arbeitsort,
 - der diesbezüglichen Arbeitszeit sowie
 - der Rechtsform des Arbeitsverhältnisses.

1. Technikeinsatz

Die Telearbeit ist eine Beschäftigungsform, die erst durch die Entwicklung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Techno-logien) ermöglicht wurde. Während man in den Anfängen dieser techni-schen Entwicklung schon dann von Telearbeit sprach, wenn die fragliche Tätigkeit mit Hilfe eines PCs, eines Tele-fons bzw. eines Diskettenaus-tausches per Bote oder Post verrichtet wurde, so spricht man nach der hier zugrunde gelegten Definition nur dann von Telearbeit, wenn eine Tele-kommunikationsverbindung zur Übermittlung der Arbeitsanforderun-gen bzw. der Arbeitsergebnisse genutzt wird.
2. Arbeitsort

Nach der Grundidee der Telearbeitsforschung findet Telearbeit am Wohn-ort (im Idealfall in der Wohnung des Telearbeiters)  bzw. wohnortnah statt, um unnötige Fahrtwege zu vermeiden und Aufgaben des Familien-lebens übernehmen zu können. Heutzutage wird darüber hinaus auch dann von Telearbeit gesprochen, wenn sie kundennah bzw. ortsunabhängig durchgeführt wird. Durch eine solche Ausdehnung des Telearbeitsbegriffes sind auch äklassische" Außendienstmitarbeiter bzw. Ge-schäftsreisende mit erfaßt, die sich moderner Telekommunikationsmittel bedienen.

3. Arbeitszeit

Damit überhaupt von Telearbeit gesprochen werden kann, muß sie meiner Meinung nach mit einer gewissen Regelmäßigkeit bzw. einer gewissen zeitlichen Quantität ausgeübt werden. Mit der Mehrheit der Autoren  er-achte ich aber einen Arbeitstag pro Woche, welcher außerhalb des tradi-tionellen Büros verbracht wird, als aus-reichend an.

4. Rechtsform

Die Beschäftigungsform der Telearbeit ist nicht auf ein bestimmtes rechtli-ches Ver-hältnis zwischen äAuftraggeber" und Telearbeiter beschränkt. Die am häufigsten praktizierte Form ist aber nach wie vor das Arbeitnehmer-verhältnis. Deshalb steht es nachfolgend auch im Mittelpunkt der Arbeit. Es besteht aber grundsätzlich auch die Möglichkeit der Selbständigkeit, der Heimarbeit im Sinne des Heimarbeitsgesetzes (HAG) bzw. arbeit-nehmerähnlicher Vertragsverhältnisse.

Die vorliegende Definition der Telearbeit nimmt in allen vier dargelegten Kriterien eine vermittelnde Position ein. Während die Punkte 1, 2 und 4 weitgehend unum-stritten sind, bestehen vor allen bezüglich des dritten Punktes erhebliche Differenzen.
Vertreter eines sog. äweiten Telearbeitsbegriffes" verzichten ganz auf ein quanti-tatives Kriterium  hinsichtlich der geleisteten Telearbeitszeit. Sie beziehen selbst diejenigen Personen mit ein, die nur stundenweise oder ganz gelegentlich zu Hause oder anderswo außerhalb des traditionellen Büros arbeiten.
Die Vertreter des sog. äengen Telearbeitsbegriffes" sprechen hingegen nur dann von Telearbeit, wenn zumindest die Hälfte der Arbeitszeit nicht im Büro des Arbeit-gebers verbracht wird .

IV. Die verschiedenen Arten der  Telearbeit

1. die örtlich-technische Differenzierung

Die vielfältigen Erscheinungsformen der Telearbeit, die sich in den letzten drei Jahr-zehnten entwickelt haben, lassen sich grob vier allgemein aner-kannten Grundformen zuordnen :

a. Teleheimarbeit

Bei der Teleheimarbeit ist der alleinige Ort der Arbeitsverrichtung die Wohnung des Telearbeiters, sie kann in jeder Rechtsform verrichtet wer-den. Die Teleheimarbeit wird heute noch überwiegend für die Text- und Datenerfassung und für Program-mierarbeiten genutzt. Diese Arbeitsorga-nisationsform findet aber auch zunehmend unter Sachbearbeitern (z.B. von Versicherungen) und Sekretärinnen Verbreitung .

b. äTelearbeitszentren"

aa. Nachbarschaftsbüros

Das Nachbarschaftsbüro ist eine in der Nähe der Wohnung des Arbeitneh-mers gele-gene Arbeitsstätte, in dem Arbeitnehmer unterschiedlicher Un-ternehmen arbeiten. Es wird in der Regel  von den angeschlossenen Un-ternehmen betrieben . Aufgrund enormer Koordinationsprobleme und geringer Vorteile , ist dieses Telearbeitsmodell für Unternehmer meistens unattraktiv und spielt in der Praxis eine eher unbedeutende Rolle.

bb. äSatellitenbüro"

Hierbei handelt es sich um dezentrale Arbeitszentren eines Unternehmens, in das regelmäßig ganze Aufgabenblöcke ausgelagert werden. Teilweise dient dieses Mo-dell aber auch der Realisierung einer größerer Kunden-nähe .
Da letztlich jede Bankfiliale ein sog. Satellitenbüro darstellen kann, liegt es auf der Hand, daß sich hierbei kaum juristische Besonderheiten ergeben.

c. Mobile Telearbeit

Die mobile Telearbeit ist eine Arbeitsorganisationsform ohne ständige Anwesenheit an einem festen Arbeitsplatz . Durch IuK-Technik wird hierbei die Verbindung zur Zentrale hergestellt. Mobile Telearbeit wird heute vornehmlich von Handelsver-tretern, Außendienstmitarbeitern und Reportern verrichtet. Diese Arbeitsform hat eine lange Tradition - die Einführung von IuK-Techniken hat hier keine relevanten rechtlichen und auch nur sehr geringe ökonomische Veränderungen bewirkt.

d. Mischform - alternierende Telearbeit

Bei dieser Organisationsform arbeitet der Telearbeiter mindestens einen Tag pro Woche in seiner eigenen Wohnung (oder einem anderen Telear-beitsplatz) und ver-bringt die restliche Arbeitszeit an seinem äklassischen" Arbeitsplatz im Unternehmen. Dies ist die wohl zur Zeit am meisten ver-breitete Form der Telearbeit , wobei die eigene Wohnung wiederum den bevorzugten Arbeitsplatz darstellt.

2. Differenzierung nach der Rechtsform des Arbeitsverhältnisses

Die einzelnen äörtlichen" Arten der Telearbeit lassen sich in ihrer arbeits-rechtlichen Dimension in die üblichen Kategorien einteilen. Im folgenden steht aber - wie oben angedeutet - diejenige Form der Telearbeit im Vor-dergrund, welche in der Wohnung des Arbeitnehmers verrichtet wird , da sie nicht nur zahlenmäßig die größte Gruppe darstellt, sondern auch als einzige äörtliche" Variante der Telearbeit vielschichtige und noch weitest-gehend ungeklärte rechtliche Probleme aufwirft. Ein Durchexerzie-ren ar-beitsrechtlicher Fragen bei den anderen äörtlichen" Varianten der Tele-arbeit führt hingegen zu keinem wesentlich neuen Erkenntnisstand und würde den Umfang der Untersuchung unnötig vervielfachen. Soweit es in diesen nicht eingehend behan-delten Telearbeitsformen doch Unterschiede zu einem Normalarbeitsverhältnis gibt, so werden diesbezügliche Fragen bei der folgenden Untersuchung der äTelearbeit in der Wohnung des Tele-arbeiters" grundsätzlich mit abgedeckt und sind entsprechend anzuwenden.

Arbeitsrechtlich unterschieden wird in der Regel zwischen Arbeitnehmern, Heim-arbeitern, arbeitnehmerähnlichen Personen und Selbständigen. In der bundesdeut-schen Praxis wird momentan meistens die Rechtsstellung des Arbeitnehmers ge-wählt . Gründe dafür sind, daß nur so die für die Ar-beitgeber häufig sehr wichtigen Treuepflichten  für den Arbeitnehmer bestehen und dem Arbeitgeber in dieser Rechtsform auch ein Direktions- und Kontrollrecht zusteht.
Zudem hat sich herausgestellt, daß eine statusändernde Vertragsgestaltung bei der Telearbeit ebenso wie bei der herkömmlichen Arbeit von der Rechtsprechung nicht anerkannt wird . Die in der Vergangenheit oft be-schriebene Gefahr, die Arbeitgeber würden mit der Einführung der Tele-arbeit eine äFlucht aus dem Arbeitsrecht"  ver-suchen, hat sich in der Pra-xis bis zum heutigen Tage nicht verwirklicht .

Das heutige Arbeitsrecht ist aufgrund seiner Entstehungsgeschichte von den Ver-hältnissen in der Industriegesellschaft geprägt. Eine - zumindest interpretatorische - Anpassung des Arbeitsrechts an die veränderten Be-dingungen des Informations- und Kommunikationszeitalters ist daher un-erläßlich . Gleichzeitig ist ein Versuch, allge-meingültige Regeln für einen längeren Zeitraum aufzustellen, durch die enorme In-novationsgeschwin-digkeit dieser Branche und die daraus resultierende Unmöglich-keit einer verläßlichen Prognose grundsätzlich zum Scheitern verurteilt. Letztlich ist der Versuch, eine arbeitsrechtliche Einteilung vorzunehmen, auf eine Analyse des Ist-Zustandes beschränkt.

Die Tatsache, daß der Großteil der Telearbeit in der Wohnung des Tele-arbeiters ge-leistet wird, sollte nicht zu dem naheliegenden Schluß führen, es handele sich bei dieser Arbeitsform um Heimarbeit im Sinne des Heim-arbeitergesetzes. Auch die rechtliche Einordnung bzw. Bezeichnung des Telearbeitsverhältnisses durch den je-weiligen Arbeitsvertrag ist nach wohl allgemeiner Auffassung  von untergeordneter Bedeutung . Ein sich aus dem tatsächlichen Geschäftsinhalt ergebender Status kann weder bewußt noch ungewollt abbedungen werden . Es kommt vielmehr auf die tatsäch-liche technische und organisatorische Ausgestaltung des Arbeitsverhält-nisses an .

a. Arbeitnehmer

Nach ganz herrschender Meinung gilt auch für den Telearbeitnehmer der allgemeine Arbeitnehmerbegriff , der aber keine Legaldefinition erfahren hat.

Nach einer sehr allgemeinen Definition ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privat-rechtlichen Vertrages zur Leistung fremdbestimmter Arbeit verpflichtet ist . Als Abgrenzungskriterium zu anderen Beschäftigungs-formen ist diese Definition aber wenig hilfreich.

Deshalb haben das Bundesarbeitsgericht (BAG) und das Bundessozial-gericht (BSG) in langjähriger Rechtsprechung eine Kasuistik entwickelt, die in der Praxis bei der Abgrenzung von abhängiger und selbständiger Erwerbstätigkeit zugrunde gelegt wird . Nach dieser Rechtsprechung kommt es entscheidend darauf an, ob und in welchem Umfang der zur Ar-beitsleistung Verpflichtete äpersönlich abhängig" ist . Die persönliche Abhängigkeit konkretisiert sich wiederum durch die äWeisungsgebundenheit" des Arbeitnehmers und seine äEingliederung in den Be-trieb". Zentrale Kriterien, die nach dem BAG eine Arbeitnehmer-eigenschaft indizie-ren, sind folglich:

 - örtliche Weisungsgebundenheit
 - zeitliche Weisungsgebundenheit
 - inhaltliche Weisungsgebundenheit
 - Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter des Auftraggebers
 - Arbeitsausführung mit den Arbeitsmitteln des Auftraggebers

Die Rechtsprechung betont aber immer wieder, daß es bei der Vielzahl von mögli-chen Abgrenzungskriterien kein Einzelmerkmal gibt, das notwendig vorliegen muß, um von einer Arbeitnehmereigenschaft ausgehen zu kön-nen. Die Entscheidungen des BAG/BSG beruhen immer auf einer - den Umständen entsprechenden - unterschied-lichen Gewichtung der einzelnen Merkmale unter Berücksichtigung einer Gesamt-schau aller Kriterien .

In jüngster Zeit hat sich im Schrifttum - vor allem auch in telearbeitsbe-zogenen Ver-öffentlichungen  - ein sog. Alternativmodell entwickelt, wel-ches über das Modell des BAG hinausgeht.
Neben der persönlichen Abhängigkeit wurde vor allem auf das Kriterium des äUnternehmensrisikos" abgestellt. Grundlage dafür ist das dem deut-schen Recht zu-grundeliegende duale Modell der Erwerbstätigkeit. Der Selbständige übernimmt da-bei die Risiken des Marktes, hat aber auch be-sondere Chancen und wird von der Rechtsordnung auf eine eigenständige Daseinsvorsorge verwiesen. Der abhängig Beschäftigte tritt hingegen nicht eigenständig am Markt auf und ist auf den Schutz der Arbeitsrechts-ordnung angewiesen. Es ergeben sich daher im wesentlichen fol-gende weitere Abgrenzungskriterien:

- das Fehlen unternehmerischen Risikos undGewinnmöglichkeiten auf Seiten  des Telearbeiters
- Notwendigkeit einer Benachrichtigung des Vertragspartners im  Krankheitsfall
- die Inanspruchnahme der gesamten beruflichen Arbeitskraft durch  einen einzigen Vertragspartner
- keine eigene Unternehmensorganisation
- kein eigenständiges Auftreten am Markt
b. Heimarbeiter

Charakteristisch für den Heimarbeiter ist im Gegensatz zum Arbeitnehmer seine per-sönliche Selbständigkeit. Der Heimarbeiter kann über seine Ar-beitszeit frei disponie-ren und ist von der Arbeitsorganisation des Arbeit-gebers grundsätzlich unabhängig. Zudem verfügt der Arbeitgeber in die-sem Beschäftigungsverhältnis nicht über ein vergleichbares Weisungsrecht wie gegenüber seinen Angestellten. Auch eine Kon-trolle seitens des Ar-beitgebers, die über die des Arbeitsergebnisses hinausgeht, ist nicht mög-lich .
Im Unterschied zu Selbständigen muß er aber die Verwertung der Arbeits-ergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbe-treibenden überlassen (vgl. § 2 I HAG) . Der Heimarbeiter trägt daher auch kein wirtschaftliches Risiko, im Umkehrschluß fällt aber auch der unternehmerische Gewinn nur beim Auftraggeber an.
Daher gilt der Heimarbeiter nach umstrittener dogmatischer Einordnung als beson-ders geregelte arbeitnehmerähnliche Person bzw. besonders ge-schützter Selbständi-ger .

Nach der früher herrschenden Anschauung waren vom HAG überwiegend nur min-derqualifizierte Tätigkeiten umfaßt. Die Gesetzesänderung von 1974, welche das Tatbestandsmerkmal ägewerblich" durch äerwerbsmäßig" (§ 2 I HAG) ersetzte, führte zusammen mit dem ersten Aufkommen von hochqualifizierten Telearbeitern zu einer heftigen Diskus-sion bezüglich der Reichweite des HAG.

Kappus  wandte sich wohl als erster gegen die durch die von der ehemals h.M. ver-tretene Ausklammerung hochqualifizierter Telearbeit aus dem Anwendungsbereich des HAG. Zurecht führt er an, daß ein solches Vor-gehen weder vom Gesetzestext gefordert wird, noch vom Gesetzgeber intendiert war. Die ständige Rechtsprechung, welche auch nach der Ände-rung des HAG auf minderqualifizierte Tätigkeiten ab-stellte, werde diesbe-züglich ohne ersichtlichen Grund fortgeführt. Diese Auffassung erhielt in der Literatur viel Zuspruch und kann mittlerweile wohl als herrschende Meinung betrachtet werden .

c. Arbeitnehmerähnliche Personen

Nach § 12 a I Nr. 1 TVG sind arbeitnehmerähnliche Personen solche, die aufgrund von Dienst- und Werkverträgen für andere tätig sind und deshalb zwar persönlich unabhängig, aber wirtschaftlich abhängig und ähnlich ei-nem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind . Das TVG verlangt weiter, daß arbeitnehmerähnliche Personen die persönlich geschuldeten Leistun-gen persönlich, d.h. im wesentlichen ohne Inan-spruchnahme der Mitarbeit anderer, erbringen. Personen in diesem Sinne können z.B. Telearbeiter sein, die für Freiberufler außerhalb des Anwendungsbereichs des HAG tätig werden .
Es soll aber trotz der theoretischen Abgrenzung zum HAG nicht darüber hinwegge-täuscht werden, daß der Anwendungsbereich des HAG und des §12 a TVG weitge-hend kongruent sind . Zur Vermeidung einer zu be-fürchtenden Härte durch die Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutz-gesetzes und des Betriebsverfassungs-gesetzes auf arbeitnehmerähnliche Personen wird in der Literatur auch eine extensive analoge Anwendung von Vorschriften des Arbeitsrechts empfohlen .

d. Selbständige

Nach oft zitierter Definition bedeutet Selbständigkeit, seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit und seinen Arbeitsort frei wählen zu kön-nen. Eine solche Defi-nition, ist zwar grundsätzlich richtig, aber als Ab-grenzungskriterium zur Teleheim-arbeit unbrauchbar.

Im telearbeitsrechtlichen Schrifttum wurden deshalb Versuche unter-nommen, weitere Kriterien der Abgrenzung zu entwickeln. Vor allem Müllners Ansätze  haben zu einiger Resonanz in der Literatur  geführt.

Selbständiges Arbeiten ist u.a. dann indiziert, wenn

- die Arbeit in wechselndem Umfang für unterschiedliche Auftraggeber erfolgt.
- mehr als 10% der Arbeitsergebnisse vom Telearbeiter frei vermarktet werden.
- der Telearbeiter eigene Werbung und Akquisition betreibt.
- sich der Telearbeiter an den Notwendigkeiten des freien Marktes
 orien-tiert.

Fraglich ist aber auch hier, ob die aufgestellten Kriterien in der Praxis eine wesentli-che Entscheidungshilfe sind. Letztlich ist es nur unter größten Bemühungen zu er-mitteln, ob z.B. ein Telearbeiter - z.B. im Internet - Werbung betreibt oder nicht.

V. Geschichte der Telearbeit

1. Die Anfänge

Die Geschichte der Telearbeit wurde durch eine Vielzahl gesellschaftlicher Akteure und Bewegungen geprägt, welche aus ganz unterschiedlichen Motivationen heraus die Einführung der Telearbeit forderten.
 
Zum einen sind da die schon oben erwähnten Reaktionen auf die Ölkrise in den 70er Jahren zu nennen. Verbunden mit wachsenden Verkehrsproble-men (v.a. im Groß-raum Los Angeles) und steigendem Umweltbewußtsein, wurde in den USA disku-tiert und erprobt, wie man, anstatt den Menschen zur Arbeit, die Arbeit mittels IuK-Techniken näher zum Menschen bringen kann.

Zum anderen stieg seit den späten 60er Jahren mit der Zunahme der Frau-enerwerbs-tätigkeit auch der Bedarf nach flexiblen Arbeitsbedingungen, die es erlauben, berufli-che Tätigkeiten mit häuslichen und familiären Ver-pflichtungen in Einklang zu brin-gen.
Ein Vorreiter auf diesem Gebiet ist die britische Softwarefirma äFI Group ". Dieses Unternehmen wurde 1962 mit dem Ziel gegründet, Frauen die Möglichkeit zu geben, Beruf und Familie miteinander zu kom-binieren. Das Unternehmen beschäftigt mitt-lerweile rund 1200 Telearbeiter-innen, welche ihre Arbeit mit Hilfe IuK-Technik fast aus-schließlich in ihrer Wohnung verrichten.

Die Idee der Nachbarschaftsbüros stammt aus Skandinavien. Die Regie-rungen ver-folgten dabei die Zielsetzung, vor allem in ländlichen, struktur-schwachen Gebieten die Verbreitung von IuK-Techniken zu fördern. So wurden in den 80er Jahren sog. Telehäuser eingerichtet, welche die not-wendige technische Infrastruktur aber auch Schulungs- und Fortbildungs-angebote zur Verfügung stellten .
1982 wurde in Nykvarn/Schweden, einer ländlichen Kleinstadt, das welt-weit erste Nachbarschaftsbüro mit Hilfe staatlicher und privater Mittel aufgebaut. Es arbeiteten zunächst 17 alternierende Arbeitnehmer aus un-terschiedlichsten Branchen und Un-ternehmen.

2. Telearbeit in den 80er Jahren

In Deutschland setzte die öffentliche Diskussion über Telearbeit Anfang der 80er Jahre ein und wurde zum Großteil stark politisiert. Vor allem die deutschen Gewerk-schaften assoziierten mit der Einführung der Telearbeit einen Rückfall in vorindustri-elle Zeiten. Ihrer Ansicht nach war die Tele-arbeit ein geeignetes Mittel für die Unter-nehmen, ungeschützte Beschäfti-gungsformen einzuführen und den Einfluß der Ge-werkschaften mit Hilfe von nur schwer mobilisierbaren Telearbeitern zuungunsten der Beschäf-tigten zurückzudrängen. Zeitweise gipfelte diese anfängliche Ablehnung der Telearbeit in eine allgemeine Forderung nach deren Verbot .
Folge davon war, daß Deutschland im Vergleich zu anderen westlichen Industrie-staaten bei der Verbreitung von Telearbeitsplätzen extrem hinter-herhinkte. Das 1982 vom Ministerium für Forschung und Technologie in Auftrag gegebene Gutachten mußte konstatieren, daß es keine nennens-werte Anzahl von Telearbeitsplätzen in Deutschland gebe . Nach einem weitverbreiteten Bonmot dieser Zeit gab es in Deutschland mehr Aufsätze über Telearbeit als Telearbeiter .

Trotz dieses gesellschaftlichen Widerstandes gab es erste erfolgreiche Realisierungs-versuche von Telearbeit. Vorreiter in Deutschland war die Tübinger Software- und Beratungsfirma äIntegrata", bei der schon 1983 auf die Initiative weiblicher Mitar-beiterinnen erste Telearbeitsplätze reali-sierte wurden. Was anfänglich nur als befri-stetes Projekt geplant war, weitete sich im Laufe der 80er Jahre auf mittlerweile ca. 200 alternierende Telearbeiter aus.

Die wenigen erfolgreichen Einzelbeispiele, verbunden mit staatlicher För-derung  führten aber im letzten Jahrzehnt zu keiner relevanten Verbrei-tung die Telearbeit. Der allgemein prognostizierte Durchbruch der Telear-beit blieb aus. Neben der gesell-schaftlichen Skepsis waren dafür vor allem auch innerbetriebliche Widerstände - vor allem des mittleren Managements - maßgeblich . Die oft angeführten technischen Probleme hielten sich hin-gegen eher im Hintergrund.

3. Telearbeit heute

Seit Anfang der 90er Jahre hat sich das gesellschaftliche Urteil über die Telearbeit grundlegend gewandelt. Das negative Bild der Telearbeit ver-schwand weitestgehend, die Telearbeit wurde von der breiten Öffentlich-keit erstmals als wirtschaftliche und soziale Chance wahrgenommen. Die Vergabe des Innovationspreises der deutschen Industrie für das Telearbeit-Pilotprojekt bei IBM  (1991) ist wohl das sichtbarste Zeichen dieses Wandels.
Selbst die anfangs so skeptischen Gewerkschaften öffneten sich dem Phä-nomen Telearbeit immer weiter und betrachteten die Telearbeit nicht mehr ausschließlich vor dem Hintergrund der Teleheimarbeit

Auch von Seiten der Politik verstärkten sich die Bemühungen um die För-derung der Telearbeit. Sowohl auf der Ebene der Europäischen Union  wie auch auf nationaler bzw. Länderebene wurde die Telearbeit als zen-traler Begriff arbeitspolitischer Maß-nahmen aufgegriffen

In der Folge dieses Wandels haben deutsche Unternehmen in diesem Jahr-zehnt ver-stärkt Telearbeitsplätze geschaffen. Forciert wurde diese Ent-wicklung durch den zunehmenden gesamtwirtschaftlichen Druck, der Lö-sungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unabdingbar machte. In dieser Situation wurde die Telearbeit von den Unternehmen zunehmend in ihrer strategischen Dimension erkannt.
Des weiteren zeigte sich die Tendenz, daß praktisch alle Branchen Poten-tiale zur Realisierung von Telearbeit haben. Die Telearbeit in den 90er Jahren ist bei weitem nicht mehr nur auf die äklassischen" Branchen - d.h. Software- und Dienstleistungs-branche - beschränkt.

Fraglich ist daher, ob sich der von vielen Autoren und Politikern progno-stizierte Boom der Telearbeit  realisiert bzw. überhaupt realisieren wird.

VI. Verbreitung der Telearbeit

1. Keine verbindliche Datenlage

Fast in jeder Veröffentlichung finden sich Angaben über die derzeitige bzw. künftige quantitative Verbreitung von Telearbeit in Deutschland. Dabei differieren die Anga-ben, je nach Interessenlage des Autor erheblich. Dies hat vor allem zwei Gründe:

Zum einen besteht - wie oben aufgezeigt - keine allgemeingültige Defini-tion der Te-learbeit. Es ist daher zwangsläufig so, daß die Vertreter eines weiten Telearbeits-begriffes zu einem eklatant höheren Ergebnis kommen, als die Vertreter des engen.
Zum anderen beruhen die meisten Angaben nur auf groben Schätzungen, die in ihrer Mehrheit keine oder nur eine unzureichende empirische Grundlage haben. Festzu-stellen ist allgemein, daß die Datenlage (in allen industrialisierten Ländern) bezüglich der Verbreitung von Telearbeit sehr unzureichend ist. Dennoch zeichnen sich meiner Meinung nach gewisse Tendenzen ab.

2. Internationaler Vergleich

Auch wenn in anderen Ländern ähnliche Unsicherheiten bezüglich der quantitativen Verbreitung von Telearbeit bestehen, so ist es doch unbe-stritten, daß die Telearbeit in den USA am weitesten verbreitet ist. Hier reichen die aktuellen Schätzungen von 3 bis 20 Mio. Telearbeitern.

Innerhalb Europas gilt derzeit immer noch Großbritannien als Vorreiter der Tele-arbeit. Auch hier klaffen die Schätzungen (1994) weit auseinander (von 250 Tsd. bis 1,5 Mio.) , wobei nach der vorliegenden Definition von Telearbeit wohl eher von einer Zahl im unteren Bereich des Spektrums auszugehen ist.

3. Deutschland

Das in Deutschland vertretene Zahlenspektrum reicht von ca. 3000 (DGB)  bis zu utopischen 3, 5 Mio. Telearbeitern . Die Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung empirica schätzte die Anzahl der Telearbeiter 1994 auf unge-fähr 150 Tsd. . Die Bundesregierung geht in ihren Publikationen zur Telearbeit mittlerweile eher von einer geringeren Größenordnung aus  und konstatiert, daß derzeit überwiegend nur Unter-nehmen und Behörden mit Sonderinteressen Tele-arbeit realisiert haben. Die Zahl der Telearbeiter (nach obiger Definition) wurde ge-mäß einer Stu-die des ZVEI/VDMA 1995 auf ca. 30000 geschätzt . Die derzeitige Ver-breitung wird mittlerweile in der Größenordnung von ca. 70000 Tele-arbeits-plätzen liegen. Im europäischen Vergleich nimmt Deutschland damit eine Position im Mittelfeld ein.

Das Potential der Telearbeit wird von der Bundesregierung langfristig auf 5 bis 10 Prozent der heutigen 35 Millionen Arbeitsplätze geschätzt - also auf 1, 75 bis 3,5 Millionen (!) Telearbeitsplätze. Nach dem sog. Bange-mann-Report sind mittelfristig (bis zum Jahr 2000) schon mit bis zu 800 Tausend Telearbeitern (im Sinne des wei-ten Telearbeitsbegriffes) in Deutschland zu rechnen.

VII. Marktbedeutung

1. Auswirkungen auf die Investition

Die Bundesministerien für Wirtschaft bzw. für Arbeit und Sozialordnung veranschla-gen eine Investition von 10.000 DM pro Telearbeitsplatz  - und zwar durch den Einsatz neuer Hard- und Software (PC/Laptop, Modem, spezielle Anwendersoft-ware für Datenübertragung, -sicherheit, -schutz etc.).
Geht man also von mittelfristig 800.000 Telearbeitern aus - denn die In-vestition muß auch für Telearbeiter im weiten Sinne erbracht werden -, so bedeutet dies eine Ge-samtinvestition von ca. 8 Mrd. DM  mit steigender Tendenz. Bei dieser Modell-rechnung sei unterstellt, daß die erkennbare weitere Verbilligung von Hard- und Software durch zusätzliche Geräte  und Anwendungen  weitestgehend kompensiert wird.

Hinzu kämen die Aufwendungen für die Netze. Geht man -  wie das BMWi und BMAS  - von vorsichtig geschätzten ca. 300 DM pro Monat für die Inanspruch-nahme von (Telefon-)Leitung und Netzen aus, so ergäbe dies allein für die Leitungs- und Netzwerkbetreiber  einen Umsatz von mehr als 2 Mrd. DM  pro Jahr .

Ein weiterer, mittelbarer Investitionseffekt wird dadurch erzielt, daß dann, wenn sich die Telearbeit in den ersten Bereichen bewährt hat, ständig neue Anwendungsfelder hinzukommen, insbesondere dann, wenn die Netze und die Hard- und  Software-komponenten so weit fortentwickelt sind, daß ein umfassender Informations- und Kommunikationsaustausch und ein ge-meinsames Arbeiten problemlos ermöglicht wird . Das heißt, daß einer-seits mehr Personen in einer Branche telearbeiten können und daß ander-seits Branchen, die der Telearbeit bisher aus vielerlei Gründen skep-tisch gegenüberstanden, die Möglichkeiten der Telearbeit nutzen können (z.B. die Telemedizin in größerem Umfang etc.). Nur so besteht meiner Mei-nung nach die Möglichkeit, das prognostizierte Potential von langfristig 3,5 Millionen Telearbeiters (im weiten Sinne) zu realisieren.

2. Einflüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit

Der Einfluß der Telearbeit auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unter-nehmens wird von allen Darstellungen  als sehr positiv eingeschätzt, wenngleich immer  eingeräumt wird, daß sich der Umfang nicht exakt quantifizieren läßt und er zudem von der je-weiligen Arbeitsweise und der vorhandenen Technik abhängig sei.

Bewirkt wird die wachsende Wettbewerbsfähigkeit vor allem durch eine höhere Pro-duktivität der Telearbeiter. Die Betroffenen führen ihr produk-tiveres Arbeiten in er-ster Linie darauf zurück, daß sie nach eigenen Anga-ben am Telearbeitsplatz bessere Konzentrationsmöglichkeiten haben und daß sie die Arbeit auf ihnen genehmere Ta-geszeiten legen könnten. Ange-führt wird auch oft die Zeitersparnis, die sich durch die fehlenden An-fahrtswege zur Arbeit ergibt. Die Schweizerische Telekom PTT geht bei-spielsweise von einer Produktivitätssteigerung von bis zu 20% aus, bei gleichzeitiger Mehrzufriedenheit der betroffenen Mitarbeiter .

Positive Effekte werden auch durch eine Einsparung an Bürofläche erzielt. Das oft zitierte äShared desk"-Prinzip, bei dem sich mehrere alternierende Telearbeiter einen herkömmlichen Arbeitsplatz im Betrieb teilen,  kann im Idealfall bis zu 25 % der Bü-rofläche und somit der Raumkosten ein-sparen . Da zugleich die Vergütung der Raumkosten für den Arbeitsplatz in der Wohnung des Telearbeiters im Regelfall sehr gering ausfällt , kön-nen sich für den Unternehmer spürbare Entlastungen ergeben (laut ZVEI/VDMA bis zu 2000,- DM pro Jahr/ pro Arbeitsplatz).

Weitere Effekte ergeben sich durch die Einsparung von Mehrarbeits- und Nacht-zuschlägen, wenn z.B. betriebsinterne Datenverarbeitungsanlagen (Server, Rechen-zentren etc.) von zuhause per Ferndiagnose überwacht und betreut werden.

Nicht zuletzt wird in diesem Zusammenhang auch immer erwähnt, daß eine durch Telearbeit wesentlich entlastete Verkehrsinfrastuktur die Stauanfälligkeit (vor allem in Ballungsräumen) minimiere und somit er-stens mehr Zeit für produktives Arbeiten freisetze und zweitens zur Ver-besserung der Standortqualität des Unternehmens beitrüge.

3. Beschäftigungsimpulse

Die Auswirkungen der Telearbeit auf die Beschäftigung (in Deutschland) werden kontrovers beurteilt.

Ältere Veröffentlichungen zu dieser Fragestellung gehen von einem klaren Beschäf-tigungszuwachs durch die Einführung der Telearbeit aus . Grundlage für diese Ein-schätzung ist meist das prognostizierte Investiti-onsvolumen in Hard- und Software-produkte (mittelfristig 8 Mrd. DM). Ein solcher Investitionsboom wird - nach dieser Einschätzung -  für die betroffenen Branchen wie eine Initialzündung wirken, die sowohl neue Arbeitsplätze als auch wiederum neue Innovationen nach sich zieht (VZEI/VDMA spricht von bis zu 20.000 neuen Arbeitsplätzen
Positive Auswirkungen werden ferner bei den Netzbetreibern (v.a. auch im Support-Bereich) und (Tele-)Büroeinrichtern erwartet, die mit den Telear-beitern eine neue Kundengruppe vorfinden.
Zugleich wird aber nicht befürchtet, daß durch vermehrte Telearbeit auch Arbeits-plätze wegfallen, so z.B. in der Automobilindustrie durch den ver-minderten Bedarf an motorisiertem Individualverkehr.

Neuere Stellungnahmen sind diesbezüglich eher verhalten. Es wird bestenfalls ein Halten des derzeitigen Beschäftigungsniveaus vorausgesagt. Zum einen wird zurecht vorgebracht, daß es sich bei der Telearbeit zu-nächst nur um eine neue Arbeitsorgani-sationsform handelt, welche durch ihre produktivitätsfördernde Wirkung unmittelbar eher zu rückläufigen Beschäftigungstendenzen führt.
Zum anderen wird die Investitionswirkung anders eingeschätzt. Ein Großteil der Investitionen wird nämlich den - den deutschen Hard- und Softwaremarkt beherr-schenden - ausländischer Anbieter zuteil, die ihre Produkte weder in Deutschland entwickeln noch produzieren. Letztlich entstehen durch das prognostizierte Investiti-onsvolumen nur vergleichs-weise wenig neue Arbeitsplätze  in Deutschland.

Zudem besteht zunehmend die Gefahr, daß durch Telearbeit ein Großteil der min-derqualifizierten Tätigkeit in Länder mit einem geringeren Lohn-niveau abwandert .

Vor allzu großer Euphorie bezüglich positiver Wirkungen auf den Ar-beitsmarkt sei meiner Meinung nach gewarnt.

4. Arbeitsorganisatorische Herausforderungen / Führungsherausfor-derungen

Durch die Einführung von Telearbeit wird ein Großteil der traditionellen Ar-beitsstrukturen verändert. Sowohl Beschäftigte als auch Führungskräfte sind daher gefordert, auf diese neue Arbeitsorganisationsform adäquat zu reagieren.

Eine Tendenz ist dabei wohl eindeutig. Telearbeit - in welcher Form auch immer - erfordert aufgrund der räumlichen Entfernung aller Beteiligten ein sehr hohes Maß an Koordination und weitsichtiger Planung.

Eine Veränderung des betrieblichen Kommunikationsverhalten ist dabei wohl unum-gänglich. Zum einem fallen durch die Telearbeit zusehends die (spontanen) persön-lichen Kontakte der Mitarbeiter untereinander sowie die sog. inoffiziellen Gespräche (z.B. in den Kaffeepausen) weg . Telefon und Email gewinnen als betriebliches Kommunikationsmittel an Bedeu-tung . Zum anderen muß über neue Wege der ex-ternen Kommunikation z.B. mit Kunden nachgedacht werden. Die Möglichkeiten moderner Kommunikationssyteme (Rufumleitung, Bildtelefon, Konferenzschaltung, ISDN etc.) bieten hier einige Chancen.
Darüber hinaus wird es notwendig sein, die verbleibende persönliche Kommunika-tion im Betrieb systematischer als bisher zu planen. Um die intendierte Vermeidung von Personenverkehr nicht erheblich zu reduzie-ren, müssen Meetings zunächst stär-ker als bisher auf ihre Notwendigkeit geprüft und dann besser vorbereitet werden.

Wichtig ist es auch, daß sich das Management der Chancen der Telearbeit bewußt wird und ihre Einführung durch einen entsprechend veränderten Führungsstil fördert.
In der Praxis hat sich gezeigt, daß sich vor allem das mittlere Management gegen die Einführung der Telearbeit gewehrt hat . Es befürchtete zum einen, daß mit der grö-ßer werdenden räumlichen Entfernung zu ihren Un-tergebenen auch automatisch ein Autoritäts- und Kontrollverlust einher-ginge. Zum anderen sah sich das mittlere Ma-nagement von der Vielzahl der technischen und organisatorischen Neuerungen überfordert
Richtig ist, daß bei der Telearbeit ein Führungsstil notwendig wird, der nicht mehr an den Arbeitsprozessen (Präsenzkontrolle), sondern an Ziel-vorgaben und Arbeits-ergebnissen orientiert ist. Ein solches ämanagement by objectives " wird von den Vorreitern der Telearbeit schon seit Jahren erfolgreich praktiziert (z.B. IBM, HP, Integrata, Dresdner Bank). Für das Management entsteht dabei jedoch kein Kon-trollverlust, sondern eine mo-difizierte Art der Kontrolle.

Durch den neuen Führungsstil wird dem Telearbeiter gleichzeitig ein hohes Maß an Autonomie und Eigenverantwortung zuteil, das mit einem gestei-gerten Vertrauen des Managements in seine Mitarbeiter korrespondieren muß.

Des weiteren werden sich für den einzelnen Telearbeiter Veränderungen bezüglich seiner individuellen Arbeitsorganisation ergeben. So werden alternierende Tele-arbeiter vorzugsweise diejenigen Tätigkeiten zuhause erledigen, welche ein hohes Maß an Ruhe und Konzentration erfordern, wie z.B. konzeptionelles Arbeiten, Er-stellen von Texten etc. Auch tages-zeitabhängige Tätigkeiten, wie z.B. das Telefo-nieren nach Übersee, wer-den zukünftig in erster Linie von zuhause erledigt werden.
 

VIII. Drittwirkungen - Entlastung beim Verkehr und Umweltschutz

Kaum eine Untersuchung zur Telearbeit versäumt es, die positiven Um-welteffekte der Telearbeit durch Reduzierung des Individualverkehrs be-sonders zu betonen . Auffällig an diesen Prognosen ist aber auch, daß sie - bis auf seltene Ausnahmen - wissenschaftlich wenig fundiert sind . Das größte Problem lag in der Vergangenheit drin, daß nur wenig empirisch gesicherte Daten über die Möglichkeit der Verkehrs-substitution durch Telekommunikation vorlagen.

So kommt Nolte , der mehrere Studien zur Verkehrssubstitution ausge-wertet hat, zum Schluß, daß in Deutschland durch Telearbeit die giganti-sche Summe von ca. 25 Milliarden Kilometern oder 4% des gesamten motorisierten Individualverkehrs (Schätzungen 1997: 700 Milliarden km) eingespart werden könnten und weist diese Zahl als effektive Umweltent-lastung aus.

Einer solchen Prognose wird in aller Regel die kalifornische äUntersuchung zur Ver-änderung der Gesamtverkehrsleistung von Telear-beitern " (1988-1991) zugrunde gelegt. Dabei zeigte sich eine deutliche Verringerung der Fahrtenhäufigkeit (bei ca. 50%) und der Gesamtfahrlei-stung. Auch ergaben sich zumindest kurzfristig keine Kompensationsfahr-ten. Die mittlere Häufigkeit der Telearbeitstage lag bei ungefähr 5 Ar-beitstagen pro Monat (!).
Die Studie kann allerdings aufgrund sehr unterschiedlicher Rahmenbe-dingungen nicht uneingeschränkt auf Deutschland übertragen werden. Er-stens wurden in das kalifornische Telearbeit-Pilotprojekt nur Mitarbeiter einbezogen, welche einen sehr langen Fahrtweg (ca. 50 Meilen, einfache Entfernung) zurückzulegen hatten und zweitens fand das Projekt im Groß-raum Los Angeles statt, der für seine Stauhäufig-keit weltweit bekannt ist. Drittens bestand von öffentlicher Seite durch den ä Clean Air Act" ein im-menser Druck für die Unternehmen, den Berufsverkehr ihrer Mitar-beiter zu reduzieren.

Einzig das Freiburger Öko-Institut  bemühte sich bei seiner Prognose ausschließlich auf empirisch belegte Daten zurückzugreifen und berück-sichtigte in der Unter-suchung erstmals alle relevanten Umweltfaktoren der Telearbeit.

Es konstatierte, daß die meisten Untersuchungen zur Umweltentlastung durch Tele-arbeit mit folgenden Fehlern behaftet sind:

- die Zahl der heutigen und künftigen Telearbeiter wird zu hoch angesetzt  (so geht  z.B. empiria  von mittelfristig (Jahr 2000?) bis zu  1,15 Mio. (!)  Telearbeitern  aus)
- die Anzahl der Telearbeitstage pro Woche wird ebenfalls zu hoch ange-setzt. Meist  wird von ca. 2,5 Telearbeitstagen pro Woche  ausgegangen, was in der Realität  nicht haltbar ist. Bei der kalifornischen Untersuchung waren es lediglich ca. 1,4  Tage, bei einer vergleichbaren niederländischen  lediglich 1,2 Tage.
 Selbst bei stark geförderten Musterprojekten wie z.B. bei IBM Deutsch-land kommt  man maximal auf Werte von ca. 30% Telearbeitszeit bzw. 1,6 Telearbeits-tagen pro  Woche .
- es wird meist davon ausgegangen, daß jeder Telearbeiter bisher mit dem  Auto zur  Arbeit kam und dies auch allein benutzte. Aus diesem Grund sind wohl auch die  von der Bundesregierung prognostizierten 4000 eingespar-ten Kilometer pro  Telearbeiter und Jahr nicht haltbar

Selbst bei günstigsten Prämissen sieht das Öko-Institut daher nur ein be-scheidenes Vermeidungspotential von 0,88% des motorisierten Individual-verkehrs.

Ferner zeigt es in seiner Studie auf, daß die gesparte Treibstoffmenge der-zeit durch eine Vielzahl anderer umweltrelevanter Faktoren mehr als kom-pensiert wird:

- Das Öko-Institut stellte fest, daß zur Zeit die große Mehrheit der Telear-beiter über  zwei komplett eingerichtete Büros verfügen. Da in den meisten  Betriebsvereinbarungen eine familiäre Mitbenutzung des  Betriebs-PCs  ausdrücklich untersagt ist , kompensiert dieser auch nicht den privaten. In die  Energiebilanz der Telearbeit ist folglich der herstellungsbedingte Pri-märenergie- aufwand eines modernen PCs zu berücksichtigen  (durchschnittliche Betriebs- dauer: 4 Jahre).

- Des weiteren zeigte sich, daß der klare Trend zur alternierenden Telearbeit   dazu führt, daß sowohl zuhause als auch in der Firma Büroraum  benötigt wird. So  empfiehlt die Bundesregierung dem potentiellen Telear-beiter in ihrem Internet- Leitfaden zur Telearbeit  sich möglichst einen separaten Arbeitsraum einzurich-ten  (Größenordnung: mind. 8-10 Qua-dratmeter).
 Auch die von Unternehmensseite propagierten äDesk-Sharing-Modelle"  führten in  der Realität zu keiner entschiedenen Reduzierung der Bürofläche im Unter-nehmen  (max. 25%). Grund dafür ist, daß ein solches Modell, soll es wirklich  ermöglichen, daß sich 2 oder mehr Telearbeiter einen Ar-beitsplatz teilen, einer  enormen Organisation und Zeitabsprache bedarf, welche die intendierte Zeitflexi- bilität erheblich mindern würde.

- Zudem zeigt sich, daß an den Tagen, an denen der Telearbeiter zu Hause  arbeitete, zusätzliche Fahrten erfolgten, die sonst Teil des Arbeitsweges  waren  (Einkaufsfahrten, Mitnahme von Familienmitgliedern etc.).

Als Fazit der Untersuchung stellt das Öko-Institut fest , daß die in der Öffentlich-keit und Politik geweckten Erwartungen an eine massive Ver-kehrsentlastung jeder Grundlage entbehren. Die prognostizierte Ver-kehrsentlastung wird durch die Her-stellung und Nutzung der doppelten Geräteinfrastruktur und teilweise doppelten Bü-rofläche überkompensiert, so daß per Saldo sogar eine Umweltbelastung auftritt.

Dennoch sollte diese Einschätzung nicht zu einer generellen Ablehnung der Tele-arbeit aus umweltpolitischer Sicht führen. Es ist durch entsprechende Rahmenbedin-gungen durchaus möglich, Telearbeit ökologisch effektiv zu gestalten. Vorzuschla-gen wäre zum einen, vorzugsweise Mitarbeiter in die Telearbeit einzubinden, die sehr weit vom Arbeitsort entfernt wohnen  (mehr als 50 km) bzw. die durchschnittliche Nutzungsdauer des techni-schen Equipments entsprechend zu verlängern.

IX. Soziale Bedeutung

Im Rahmen dieser Arbeit ist es mir nicht möglich, auf alle sozialen Wech-selwirkun-gen der Telearbeit einzugehen. Im folgenden werden daher nur die relevantesten Aspekte näher behandelt:

1. Integration von Behinderten

Die Einführung der Telearbeit kann als Chance gewertet werden, Behin-derte besser als bisher in die Arbeitswelt zu integrieren . Vor allem für beruflich sehr qualifi-zierte, behinderte Arbeitnehmer stellt die Telearbeit eine Verbesserung ihrer Arbeits-platzchancen dar, da sie in ihrer nach ihren Bedürfnissen eingerichteten Wohnung effizient arbeiten können und für den Arbeitgeber das Einstellungshindernis in Form einer hohen Investition in einen behindertengerechten Arbeitsplatz minimiert wird.
An dieser Stelle soll aber auch davor gewarnt werden, Behinderte aus-schließlich per Teleheimarbeit zu beschäftigen. Für Behinderte stellt die betriebliche Arbeitsstätte - noch mehr als für andere Beschäftigte - ein Ort der Kommunikation und gesell-schaftlichen Integration dar. Vor Überle-gungen z.B. Satelliten- bzw. Nachbar-schaftsbüros ausschließlich für Be-hinderte einzurichten (äverkabeltes Ghetto ")ist meiner Meinung nach zu warnen.

2. Berufstätigkeit und Familie

Für bestimmt Zielgruppen ist die Telearbeit die einzige Möglichkeit, über-haupt er-werbstätig zu sein. Diese gilt in der Praxis besonders für Frauen, die kleine Kinder bzw. pflegebedürftige Angehörige zu betreuen haben. Vorteile ergeben sich auch bei Erziehungszeiten, die früher traditionell mit einem Verlust an Qualifikation einher-gingen. Zudem kann man mit der Telearbeit dem einsetzenden Wertewandel der jün-geren Generation Rech-nung tragen, die im Berufsleben mehr Zeit für die Familie, flexiblere Ar-beitszeiten und mehr Autonomie in den Vordergrund stellen .

3. Mangelnde Karrierechancen / Vereinsamung

Die Gefahr mangelnder Karrierechancen und die Angst vor Vereinsamung ist eine der am häufigsten genannten sozialen Hemmnisse, die der Einfüh-rung der Telearbeit entgegenstehen. Beide Befürchtungen sind dabei nicht gänzlich von der Hand zu weisen.
Zur Lösung des ersten Problems ist es daher wichtig, daß mit der Einfüh-rung der Telearbeit ein Wandel in der Managementphilosophie einhergeht. Grundlage für eine Leistungsbemessung darf in Zukunft nicht mehr die Anzahl der im Betrieb äabgesessenen" Zeit, sondern die erzielten Arbeits-ergebnisse sein. Vor allem für das mittlere Management ist hier gefordert, ergebnisorientierte Führungstechniken (Stichwort: ämanagement by ob-jektives") zu entwickeln, um eine Chancengleichheit bezüglich der Beför-derungsmöglichkeiten sicherzustellen.
Die telearbeitsbedingte Vereinsamung stellt derzeit in der Praxis durch die Dominanz der alternierenden Telearbeit keine relevante Gefahr dar. Dies wurde durch verschie-dene empirische Untersuchungen bewiesen . Trotz-dem konstatieren einige Autoren die Tendenz, daß sich die sozialen Kon-takte zum Teil aus dem Arbeitsumfeld in das private bzw. häusliche Um-feld verlagern .

4. Scheinselbständigkeit

Das Problem der Scheinselbständigkeit wird im Zusammenhang mit der Telearbeit häufig diskutiert. Die Rechtsprechung des BAG und des BSG hat bisher bewiesen, daß anhand des Einzelfalls eine Abgrenzung zwischen den einzelnen Statusformen möglich ist. Dies gilt - wie oben aufgezeigt - grundsätzlich auch für die Telearbeit. Das Problem der Scheinselbständig-keit ist daher auch nicht ein vorrangig juristi-sches

Konkrete Zahlen, die eine Anfälligkeit der Telearbeit auf das Phänomen Scheinselb-ständigkeit untermauern können, gibt es meines Wissens nach nicht. Zudem ist frag-lich, inwieweit sich allgemeine Tendenzen der Schein-selbständigkeit  auf die Gruppe der Telearbeiter übertragen lassen. Die Telearbeit verbreitete sich in einer Zeit, in der schon diesbezüglich eine starke gesellschaftliche Sensibilität bestand, die auch in höchstrichterlichen Urteilen Ausdruck fand.
Darüber hinaus ist zu bedenken, daß die Gruppe der Telearbeiter zuneh-mend als hö-her oder hochqualifiziert zu bezeichnen ist. Sie stellen auf-grund ihres Know-hows nicht nur eine große wirtschaftliche Macht dar, sondern verfügen traditionell über ausreichende Kenntnisse und wirt-schaftliche bzw. juristische Möglichkeiten, sich des Phänomens Schein-selbständigkeit zu erwehren.

Im Hinblick auf die Einführung von Telearbeit bei minderqualifizierten Beschäftigten (Textverarbeitung, Datenerfassung etc.) wird vereinzelt eine tarifvertragliche bzw. gesetzliche Regelung befürwortet . Sie soll u.a. festschreiben, daß bei der Um-wandlung des traditionellen Arbeitsplatzes in einen Telearbeitsplatz keine Status-änderung erfolgen darf. Diese Forde-rung ist in der Sache zwar richtig, aber meiner Meinung nach auch über-flüssig, da eine solche Statusänderung von der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung  ohnehin als unzulässig erachtet wird.

5. Unternehmensformen

Die Ausbreitung von Telearbeit ermöglicht zum ersten Mal die Gründung von Fir-men, die im Extremfall über keine eigenen Büroräume mehr verfü-gen - sog. virtuelle Unternehmen .
Im Zusammenhang mit Telearbeit definiert man ävirtuelle Unternehmen" als Zusam-menschluß von rechtlich selbständigen und räumlich getrennt agierenden Telearbei-tern oder Telearbeiter beschäftigende Kleinunter-nehmen zu einem Unternehmen, daß auf dem Markt mit einem eigenen Namen auftritt. Diese Arbeitsorganisationsform ist vor allem in Deutsch-land nur sehr selten anzutreffen und wird meist nur projekt-bezogen reali-siert .

X. Rechtsfragen

Vor allem arbeitsrechtliche Fragen bezüglich des Arbeitnehmerverhältnis-ses sind noch weitgehend ungeklärt und heftig umstritten. Die Einsicht in die Stellungnahmen zum 2. Werkstattgespräche äArbeit 21" ermöglichte es erstmals, die Positionen aller großen gesellschaftlichen Gruppen zu be-rücksichtigen. Die Durchsicht des Proto-kolls ergab, daß sich verschiedene Problemgruppen gebildet haben, die nachfolgend näher untersucht werden sollen:

- Zutrittsrechte für die Wohnung des Telearbeiters
- Kontroll- und Weisungsrechte des Arbeitgebers
- Anwendung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen
- Fragen zur Unfallversicherung und zum Haftungsrecht

1. Zutrittsrechte

Ein Zutrittsrecht für die Wohnung des Telearbeiters kommt in Betracht für den Ar-beitgeber, die Arbeitnehmervertreter, staatliche Stellen (z.B. Ge-werbeaufsichtsamt) und die Gewerkschaften. Da aber der Telearbeiter in aller Regel den Telearbeitsplatz in seiner eigenen Wohnung errichtet, wird ihm der Schutz des Art. 13 GG zuteil, der die Unverletzlichkeit der Woh-nung statuiert und Ausnahmen nur zur Verhütung dro-hender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuläßt . Auch der Ab-schluß eines speziellen äTelearbeitsvertrages" darf nicht zu der Annahme verleiten, daß der Telearbeiter einem Arbeitgeber- bzw. dem Arbeitnehmervertreter da-durch, d.h. durch die Einwilligung zur Errichtung eines Telearbeitsplatzes auf Kosten des Arbeitgebers, konkludent ein Zutrittsrecht eingeräumt hat .
Zugangsrechte, welche die Privatsphäre des Arbeitnehmers tangierenden, bestehen daher in aller Regel nur dann, wenn sie mit dem Telearbeiter wirksam vereinbart worden sind.

Während bis zu diesem Punkt in der Literatur noch weitgehende Einigkeit besteht , so ergeben sich jedoch erhebliche (und weitreichende) Differen-zen bezüglich der Schlußfolgerungen, die daraus gezogen werden.

Die Arbeitsgruppe des ZVEI/VDMA  führt weiter aus, daß dann, wenn weder dem Arbeitgeber noch dem Arbeitnehmer Zutrittsrechte gewährt sind, der häusliche Tele-arbeitsplatz auch keine Betriebsstätte im Sinne des Arbeits- und des Arbeitsschutz-rechts sein kann. Das wird damit begründet, daß dem Arbeitgeber keine Pflichten auferlegt werden können, die er we-gen des fehlenden Zutrittsrechts objektiv nicht erfüllen könne. Daraus folgt ihrer Meinung nach unter anderem, daß dem Arbeitge-ber keine bzw. nur rudimentäre Verpflichtungen der Einhaltung etwaiger arbeitsschutzrechtli-cher Bestimmungen treffen. Die Arbeitsgruppe sieht daher auch weder ein rechtliches Interesse noch eine Notwendigkeit Zutrittsrechte gesetzlich oder tarifvertraglich zu verankern.

Vor allem aus Arbeitnehmersicht stellt die intendierte Ausgrenzung aus dem Schutz arbeitsrechtlicher Bestimmungen ein unbefriedigendes Ergeb-nis dar. Einerseits wird von Vertretern dieser Position der Schutz der Pri-vatsphäre des Telearbeiters (im Sinne des Art. 13 GG) ebenfalls als wich-tigstes Ziel betrachtet, andererseits werden Zutrittsrechte Dritter in einem sehr kontrollierten Umfang als unerläßlich angese-hen  - zum einen Zu-trittsrechte für den Arbeitgeber aus Gründen einer sinnvollen Vertragsab-wicklung , zum anderen Zutrittsrechte für die Arbeitnehmervertreter zur Wahrung der Aufgaben und Rechte nach dem Betriebsverfassungs- und Personal-vertretungsgesetz (vgl. z.B. § 80 I Nr. 1 BetrVG).
Zur Einräumung solche Zutrittsrechte wird allgemein eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber vorgeschlagen, welche genau regeln soll, unter welchen Voraussetzungen (vorherige Ankündi-gung, Tageszeiten, Betreten nur bestimmter Räume etc.) Dritte berechtigt sind, die Wohnung des Arbeitnehmers zu betreten . Von gewerkschaftli-cher Seite wird hierbei aber vor einem freien Aushan-deln zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber gewarnt. Der DGB plädiert vielmehr für die Festlegung gesetzlicher Mindeststandards bzw. zumindest für die Einführung tarifvertraglicher Bestimmungen .

Das Zutrittsrecht der Aufsichtsbehörden (Arbeitsschutzbehörden / Gewer-beaufsicht / Berufsgenossenschaft) ist ebenfalls nicht unproblematisch. Erforderlich ist ebenfalls eine Einwilligung des Arbeitnehmers. Die für Betriebe geltenden Einschränkungen der Grundrechte für die üblichen und als auch speziellen hoheitlichen Kontrollen er-strecken sich grundsätzlich nicht auf die Wohnung des Arbeitnehmers. Nach oft ver-tretener Meinung bilden hier aber bestimmte Vorschriften des Arbeitsschutzes eine Aus-nahme (z.B. § 20 II MuSchG) . Zudem gelten die arbeitsplatzunabhän-gigen Ausnahmen für die Gefahrenabwehr oder die schon genannten Aus-nahmen im Falle der Verletzung der öffentlichen Sicherheit .

Ein rechtliches Interesse der Gewerkschaften an einem Zutrittsrecht wird allgemein nicht anerkannt .

2. Individualarbeitsrecht

a. Statusfragen / Scheinselbständigkeit

Fragen zur Abgrenzung der verschieden Beschäftigungsformen wurden oben aus-führlichst erörtert, auch im Hinblick auf die Problematik der Scheinselbständigkeit. Darauf sei hier verwiesen.

b. Möglichkeit des Arbeitgebers, Arbeitnehmer zur Telearbeit zu verpflichten?

Einigkeit besteht durchweg, daß es für den Arbeitgeber aus seiner heutigen recht-lichen Stellung heraus keine Möglichkeit gibt, den Arbeitnehmer ohne seine Zustim-mung zur Telearbeit zu verpflichten . Dies kann allenfalls geschehen, wenn es zwi-schen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber vorab eine klare diesbezügliche Ver-einbarung gab . Meiner Meinung nach reicht eine in Arbeitsverträgen mittlerweile übliche sog. Versetzungs-klausel, die für betriebsbedingte Anlässe vorgesehen ist, nicht aus, die Te-learbeit gegen den Willen des Arbeitnehmers einzuführen. Dies ist vor al-lem deshalb abzulehnen, weil neben der örtlichen Versetzung beim Tele-arbeiter noch das Zurverfügungstellen von telearbeitsgeeignetem Raum hinzukommt . Zu-mal liegt es - wie im folgenden aufgezeigt wird - nicht immer in der Hand des Ar-beitnehmers, ob ein Telearbeitsplatz realisiert werden kann.

c. Exkurs: Zustimmung des Vermieters

Eine weitgehend vernachlässigte Problematik ergibt sich, wenn die Zu-stimmung des Vermieters zur teilweisen Nutzung der Wohnfläche als Te-learbeitsplatz - und somit als gewerbliche Fläche - von vornherein nicht genehmigt bzw. nachträglich mit dem Argument verweigert, die Wohnung werde aus Sicht des Vermieters unangemessen genutzt .
Für den ersten Fall muß sichergestellt werden, daß ein potentieller Tele-arbeiter trotz seiner Zusicherung, Telearbeit bei sich in der Wohnung zu erbringen, wieder in den Betrieb zurückkehren kann. Sollte seine ganze Abteilung bzw. der ganze (Teil-)Betrieb auf Telearbeit umgestiegen sein, so muß gewährleistet sein, daß der Arbeit-nehmer einen vergleichbaren Arbeitsplatz erhält. Die durch die Zustimmungsversa-gung des Vermieters ausgelöste objektive Unmöglichkeit, Telearbeit zu realisieren, darf meiner Meinung nach kein Kündigungsgrund für den weiterhin arbeitsbereiten Arbeitnehmer sein. Des weiteren wäre hier noch zu prüfen, ob die fehlende Zustim-mung des Vermieters überhaupt benötigt bzw. inwiefern sie ersetzt werden kann. Darauf kann an dieser Stelle aber nicht näher eingegangen werden.
Im zweiten Fall muß gewährleistet sein, daß ein praktizierender Tele-arbeiter nach der zwangsweisen Beendigung seiner Tätigkeit durch den Widerspruch des Vermieters an seinen ursprünglichen bzw. an einen ver-gleichbaren Arbeitsplatz zurückkehren kann.

d. Recht auf Rückkehr an den äalten" Arbeitsplatz?

Letztlich geht es bei der oben dargelegten Fallkonstellation auch prinzipiell um die Frage, ob und inwiefern ein Telearbeiter wieder an seinen ur-sprünglichen Arbeits-platz zurückkehren kann. Aus dem Arbeitsrecht ergibt sich ein solches Rückkehr-recht grundsätzlich nicht. Hat ein Telearbeiter der Verrichtung von Telearbeit zuge-stimmt, so hat er - wie bei anderen innerbetrieblichen Versetzungen - kein Recht auf Rücknahme der Maß-nahme. Die Praxis hat jedoch gezeigt, daß diese für viele poten-tiellen Tele-arbeiter so wichtige Bedingung in die Betriebsvereinbarung bzw. den Ta-rifvertrag aufgenommen wurde . Dies ist meiner Meinung nach auch sinnvoll, um die Berührungsängste mit der Telearbeit weiter abzubauen und das Arbeitnehmern den Schritt in die Telearbeit zu erleichtern.

e. Leistungskontrolle und Persönlichkeitsrecht

Lang diskutiert ist die Frage, ob und wie die Leistung eines Telearbeiters bewertet werden kann. Die elektronischen Leistungskontrollen sind dabei harscher Kritik aus-gesetzt. Oft wird vor der Gefahr eines ägläsernen Ar-beitnehmer"  bzw. der Ent-sujektivierung des Arbeitnehmers  gewarnt, der an seinem Telearbeitsplatz perma-nent elektronisch überwacht wird.

Bei der Tätigkeit der Telearbeit, die sich ja per Definition durch eine elek-tronische Angebundenheit an Datenverarbeitungssysteme auszeichnet, fallen als äAbfallprodukte" praktisch immer Informationen zur Arbeits-leistung an, wie z. B. Beginn und Ende einer Datenübertragung (logon/logoff), die Art der übertragenen Daten usw.. Diese Daten lassen sich dann mit den in einem vorhandenen Per-sonalinformationssystem ge-speicherten Daten über Ausbildung, beruflichen Werde-gang etc. zu einem Gesamtbild zusammensetzen. Zudem besteht - als Steigerung - technisch die Möglichkeit, durch entsprechende Programme die genannten Informa-tionen ohne Wissen des Arbeitnehmers zu sammeln.
Eine weitere Gefahr besteht durch die Einführung einer zusätzlichen visu-ellen Kon-trolle des Telearbeiters (Bildübertragung per Datennetz etc.) an seinem Arbeitsplatz.

Diesen Gefahren für das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers wird un-terschiedlich begegnet:

Zum einen werden die allgemeinen Grundsätze des Datenschutzes heran-gezogen . So wird sowohl auf das Bundesdatenschutzgesetz, das per-sonenbezogene Dateien unter besonderen Schutz stellt, als auch auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht ver-wiesen . Mit der Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Rechtsprechung ist ein flexi-bles Instrumentarium gegen derartige Übergriffe ge-schaffen worden. Es gibt der Rechtsprechung die Möglichkeit, auf die sich rasant verändernden technischen Mißbrauchsmöglichkeiten adäquat und schnell zu reagie-ren . Einigkeit besteht heute schon bezüglich eines Verbots heimlicher (elektronischer) Leistungs- und Verhaltenskontrollen . Ohne Wissen des Tele-arbeiters dürfen keine Vorrichtungen zur quantitativen und qualitati-ven Kontrolle verwendet werden.

Zum anderen sind hier die Betriebsräte - soweit vorhanden - gefordert. Sollte nämli-che eine Zeiterfassung (z.B. bzgl. logon/logoff), ähnlich einer Stempeluhr, durch eine technische Aufzeichnung bezweckt sein, so unter-läge eine solche Aufzeichnungs-pflicht des Arbeitnehmers der Mitbe-stimmung des Betriebsrats nach § 87 I Nr. 6 BetrVG . Der Betriebsrat kann hier grundsätzlich dazu beitragen, daß keine unan-gemessene Beein-trächtigung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers erfolgt . Ihm steht nach der derzeitigen Rechtslage auch die Möglichkeit offen, entspre-chende Betriebsvereinbarungen mit der Unternehmerseite zu schließen. Im Streitfalle ent-scheidet dann die Einigungsstelle verbindlich (§ 87 II BetrVG).

Unbeantwortet ist in diesem Zusammenhang jedoch die Frage nach dem Sinn solcher Kontrollinstrumente. Zurecht weist die VZEI/VDMA-Ar-beitsgruppe darauf hin, daß insbesondere bei qualifizierten Tätigkeiten die Messung der Leistung durch maschi-nelle Aufzeichnung nicht ädenkbar ist". Deshalb sieht die Gruppe die Problematik der Leistungskontrolle auch nicht vor einem juristischen, sondern vielmehr vor einem personalpoliti-schen Hintergrund. Ziel der Bemühungen der Arbeitgeber solle nicht eine möglichst perfekte Kontrolle des Arbeitnehmers sein, sondern neue Mana-ge-mentmethoden (z.B. das oft zitierte ämanagement by objektives") zu entwickeln, die der Telearbeit gerecht werden .

f. Aufwandsersatz

Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich nicht die Pflicht, sein Arbeitsgerät selbst bereit-zustellen. Das gleiche gilt auch für den Telearbeiter. Beim Fehlen einer anderweiti-gen Vereinbarung ist der Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet, Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen und diese auch zu unterhalten. Bezüglich anderer Unter-haltungskosten (Strom, Reinigung etc.) steht dem Telearbeiter ein Anspruch auf Aufwandsersatz zu . Da fremdes Geschäft vorliegt, sind die Bestimmungen des BGB (§ 375 i.V.m. § 670 BGB) anzuwenden.

Was die Erstattung der Raummiete angeht, so besteht im Schrifttum Unei-nigkeit. Während die eine Hälfte  davon ausgeht, daß der Arbeitnehmer keinen Wohnraum für seinen Arbeitsplatz zusätzlich anmieten wird und somit auch kein zusätzlicher (geldwerter) Aufwand im Interesse des Ar-beitgebers verursacht wird, fordert die gegenteilige Position eine anteilige Erstattung der Raumkosten . Sie geht zurecht davon aus, daß bei einer - der Empfehlung der Bundesregierung folgenden - Inan-spruchnahme von durchschnittlich 8 - 10 Quadratmetern Wohnraum pro Telearbeiter ein finanzieller Ausgleich durch den Arbeitgeber nach einer bestimmten Be-rech-nungsgrundlage erfolgen müsse. Dabei ist eine Pauschalisierung grundsätzlich mög-lich, die sich aber nicht unterhalb des nachweisbaren Aufwandes bewegen darf.

In der Praxis wurde, soweit mir bekannt, ausschließlich der zweite Weg gewählt, d.h. die Raumkosten wurden pauschal erstattet .

g. Unfallversicherungsrechtliche Fragen

Hier ist besonders die Abgrenzung von Tätigkeiten des rein priva-ten/häuslichen  Be-reichs und dem eigentlichen Arbeitsbereich problema-tisch. Geht man aber von dem zutreffenden Grundsatz aus, daß auch beim (Tele-)Arbeiten in der eigenen Wohnung die betriebliche Tätigkeit im Vordergrund steht, so unterliegt ein Unfall bei der Ver-richtung dieser Tä-tigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung .

h. Haftungsrechtliche Fragen

Nach wohl herrschender Meinung  treffen den Telearbeiter (im Arbeit-nehmer-status) grundsätzlich die gleichen Haftungsrisiken wie einen her-kömmlichen Arbeit-nehmer. Wenn der Telearbeiter oder ein Dritter durch den Telearbeiter selbst ge-schädigt wird, greifen die allgemeinen Grund-sätze der Arbeitnehmerhaftung ein:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haftet der Arbeit-nehmer für leicht fahrlässiges Verhalten grundsätzlich nicht, bei mittlerer Fahrlässig-keit tritt in aller Regel eine nach den Umständen des Falls vorzunehmende Schadens-teilung ein. Voll haftet der Arbeitnehmer nur für vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten.

Durch die Tatsache, daß dem Arbeitgeber gehörende Arbeitsmittel und Arbeits-gegenstände in den Privatbereich des Telearbeiters eingebracht werden, entsteht für diesen ein wesentlich größeres Haftungsrisiko im Sinne einer potentiellen Schädi-gung des Arbeitgebers durch Familienange-hörige und berechtigte Besucher des Tele-arbeiters . Der Telearbeiter haftet in solchen Fällen nur dann, wenn ihn auch eige-nes Verschulden trifft , wobei insoweit auch die oben dargestellten Haftungs-erleichterun-gen gelten.
Familienangehörige und berechtigte Besucher des Telearbeiters werden dieser Haf-tungserleichterung grundsätzlich nicht zuteil. Dies wird teil-weise  anders beurteilt, wenn etwa ein Familienangehöriger im Auftrag des Telearbeiters Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstände, die dem Arbeitge-ber gehören, reinigt und dabei beschädigt. Unter Zugrundelegen einer mutmaßlichen Einwilligung des Arbeitgebers gelangt man bezüglich des Familienangehörigen zu einem arbeitsähnlichen Verhältnis mit der Folge, daß die oben beschriebenen Haftungsbeschränkung auch auf den Familien-angehörigen analog anwendbar ist.

Entstehen Schäden aufgrund des Verlustes von Daten, gelten ebenfalls die Grund-sätze der Arbeitnehmerhaftung.

Bei Schäden, die von den Arbeitsgeräten des Arbeitgebers in der Wohnung des Ar-beitnehmers ausgehen, bestehen haftungsrechtlich keine Besonder-heiten . Es sei vor allem auf das Produkthaftungsgesetz verwiesen. Bei der Verletzung arbeits-vertraglicher Obhutspflichten kann der Telearbeiter Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 831 BGB mit entsprechender - aber wie oben eingeschränkter - Haftungsfolge sein.

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang auch, daß fast alle Autoren da-für plädie-ren, die Haftung des Telearbeiters gegenüber dem Arbeitgeber durch zusätzliche freiwillige Betriebsvereinbarungen zumindest auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz zu beschränken . In der Praxis wurde dies z.B. bei IBM  realisiert. Darüber hin-aus wird empfohlen, für die Familie des Telearbeiters eine private Haftpflichtver-sicherung abzuschließen, um ein diesbezügliches Haftungsrisiko auszuschließen .

j. Arbeitsschutz

Hier besteht - wie oben angesprochen - grundsätzliche Uneinigkeit dar-über, ob die Regelungen des Arbeitschutz- und des Arbeitszeitgesetzes überhaupt auf Telearbei-ter übertragbar sind. Die Arbeitsgruppe des VZEI/VDMA verneint diese Frage unter Berufung auf die fehlende Kon-trollmöglichkeit des Arbeitgebers. Es wird deshalb - unter Hinweis auf die tatsächliche Verfügungsgewalt des Telearbeiters über seine Wohnräume - für eine analoge Anwendung des §16 HAG plädiert.

Die wohl herrschende Meinung  kommt zu einem differenzierteren Er-gebnis. Sie gesteht zu, daß manche Vorschriften schon tatbestandlich nicht auf die Telearbeit passen und unanwendbar sind (z.B. Arbeitsstättenver-ordnung). Die auftretende Lücke ist dann durch eine analoge Anwendung der § 12-16 HAG zu schließen.
Anderseits geht sie davon aus, daß der überwiegende Teil von Arbeits-schutz-vorschriften für die Telearbeit nicht grundsätzlich unanwendbar sei - sie bleiben in einer teilweise modifizierten Form auch für Telearbeitsplätze in vollem Umfang rele-vant. So sind z.B. die Vorschriften für Bildschirmar-beit im Büro und im Betrieb (Bildschirmarbeitsverordnung vom 04.12.1996) entsprechend anzuwenden . Auch sind aufgrund der Um-stände vor allem gewisse Kontroll- und Auskunftspflichten des Arbeit-gebers entsprechend zu reduzieren.
Zudem erscheint eine Anpassung der Arbeitsschutzvorschriften auf die veränderten Arbeitsbedingungen der Telearbeit durch analoge Anwendung notwendig (z.B. die Aushangpflichten des Arbeitgebers nach § 18 MuSchG, § 48 JArbSchG können etwa durch äMailing-Lists", äelektronische Schwarze Bretter" ersetzt werden).

Insbesondere ist aber das Arbeitszeitgesetz für den Telearbeiter uneinge-schränkt anwendbar . Probleme bezüglich der Kontrolle ergeben sich jedoch in der Praxis aufgrund der besonderen Rahmenbedingungen. Da weder die Kontrolle des lo-gon/logoff-Betriebs zu einer sinnvollen Er-kenntnis hinsichtlich des tatsächlich geleisteten Arbeitsumfanges führt, noch die Abschaltung des WAN  dazu beiträgt, Telearbeit im häuslichen (logoff) Bereich zu unterbinden, ist die Verteilung der Ar-beitszeit und die Lage der Arbeitszeit in der Praxis nicht mehr oder nur unter größ-tem Aufwand kontrollierbar. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Nach-weis der Arbeitszeiten (§ 16 II ArbZG) entfällt deshalb weitgehend. Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet, den Arbeitnehmer anzuhalten, Nachweise über den Umfang der ge-leisteten Arbeit zu führen und diese regelmäßig zu kontrollieren. Die Kontroll-aufgabe wird in Zukunft in verstärktem Maße den Beschäftigten selbst zukommen.

Die Gewährleistung der Schutzziele des Arbeitszeitgesetzes bei der Tele-arbeit erfor-dert deshalb von den Arbeitgebern entsprechende arbeitsorga-nisatorische Rahmen-bedingungen (ämanagement by objectives", Vertre-tung bei Krankheit, Personal-planung etc.) und die Vermittlung einer ent-sprechenden Sensibilität für diese Pro-blematik beim Management sowie bei den Beschäftigten selbst.

3. Kollektivarbeitsrecht

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt als arbeitsrechtliche Grundordnung die Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeit-geber  - es ist zugleich Ar-beitsschutz- und Gestaltungsrecht. Nach der wohl herrschenden Meinung  unter-fallen die Telearbeiter, soweit sie die-sen Status schon haben und sie Arbeitnehmer sind, grundsätzlich dem BetrVG mit all seinen Rechtsfolgen.

Wenig ausgeprägt sind hingegen die Beteiligungs- und Gestaltungsrechte in der Vor-bereitungs- und Planungsphase. Diese Phase ist aber eminent wichtig, da sie auf die spätere konkrete Ausgestaltung der betrieblichen Telearbeit maßgeblichen Einfluß ausübt. Regelmäßig hat der Betriebsrat kein Gestaltungsrecht, wenn es um die For-mulierung telearbeitsbezogener Gutachtensaufträge und  die Einschaltung von Be-ratungsfirmen geht . Gesetzlich normiert ist in dieser Phase nur das allgemeine In-formations-recht nach § 80 II BetrVG bzw. das Informations- und Beratungsrecht nach § 90 Nr. 2-4 BetrVG.

Dem Betriebsrat stehen nach der Einführung der Telearbeit die allgemei-nen Beteili-gungsrechte gem. des BetrVG zu, also insbesondere

- das Mitbestimmungs- und Initiativrecht in sozialen Angelegenheiten nach §87 I  BetrVG (Arbeitszeit und Betriebszeit vom PC - Nr. 2 und 3; techni-sche Aus- stattung des Telearbeitsplatzes - Nr. 6; Unfallverhütung  und Ge-sundheitsschutz -  Nr. 7; Lohngestaltung - Nr. 10 und 11)
- das Mitbestimmungsrecht bei drohender Gesundheitsgefährdung gem. §91 BetrVG.
- das Ausschreibungsrecht von Telearbeitsplätzen nach § 93 BetrVG
- die Zustimmungsverweigerung bei personellen Einzelmaßnahmen gem. § 99 II  BetrVG (z.B. Einstellung/Versetzung von Telearbeitern)
- das Beratungsrecht bei Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG etc.

Um eine entsprechende Vertretung der Interessen der Telearbeiter bewir-ken zu kön-nen, muß gewährleistet sein, daß Telearbeiter wählbar und wahlberechtigt sind (sowohl für den Betriebsrat als auch für den Personal-rat). Dies ist nur sinnvoll, wenn dem Telearbeiter das Recht eingeräumt wird, die - vielleicht auch elektronische - Sprechstunde des Betriebsrates aufzusuchen. Für die aufgewendete Zeit ist - wie für jeden anderen Arbeit-nehmer - das Arbeitsentgelt fortzuzahlen

Was die Tarifvertragsparteien angeht, so kommt ihnen die Aufgabe zu, sachgerechte und juristisch vertretbare Lösungen für die oben genannten Probleme (Zutrittsrechte, Haftungsbeschränkungen, etc.) zu finden. Vor allem die gewerkschaftliche Seite sei im Interesse der Arbeitnehmer aufge-rufen, auf tarifvertraglich fixierte Mindest-standards hinzuwirken. Die Deutsche Postgewerkschaft und die Deutsche Telekom AG haben Anfang 1995 beispielhaft vorgeführt , wie durch eine tarifvertragliche Einigung ein Ausgleich der Interessen hergestellt werden kann.
Ein solcher Tarifvertrag fördert die Verbreitung der Telearbeit meiner Meinung nach erheblich. Er schafft nicht nur Rechtssicherheit bezüglich aller noch umstrittener Fra-gen, sondern macht auch für den Arbeitnehmer das Risiko äTelearbeit" kalkulierbar. Zudem setzt ein bestehender Tarif-vertrag den Arbeitnehmer nicht der Gefahr aus, bei einer separaten Ver-tragsverhandlung mit dem Arbeitgeber mangels spezieller Fach-kenntnisse übervorteilt zu werden. Ein solcher Tarifvertrag sollte meiner Meinung nach zur Förderung der Telearbeit in allen telearbeitsgeeigneten Branchen geschlos-sen werden.

XI. Resümee

Der für Deutschland prognostizierte Boom der Telearbeit ist in den 80er Jahren weitgehend ausgeblieben. Dennoch wird die Bedeutung der Tele-arbeit in den näch-sten Jahrzehnten erheblich zunehmen. Diese Entwicklung wird den Unternehmen eine steigende Wettbewerbsfähigkeit, den Beschäf-tigten mehr persönliche Autono-mie und zeitliche Flexibilität bringen. Bis-her wurden die vielfältigen Herausforderun-gen der Telearbeit sachgerecht und erfolgreich gemeistert, die auftretenden sozialen und arbeitsrechtlichen Probleme meist zu beiderseitiger Zufriedenheit gelöst. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Tatsache, daß sich bisher keine gesellschaftliche Gruppe für eine spezielle Telearbeitsgesetzgebung ausgesprochen hat .

XII. Anhang

Zusammenfassung der IBM-Betriebsvereinbarung über außerbe-triebliche Ar-beitsstätten (1991)

- Der Arbeitnehmerstatus bleibt unverändert, alle betrieblichen Regelungen  oder Personalprogramme gelten unverändert oder sinngemäß.

- Die Einrichtung einer außerbetrieblichen Arbeitsstätte ist freiwillig. Sie erfolgt auf  Antrag des Mitarbeiters, erfordert jedoch die Zustimmung der Führungskraft.

- Der Telearbeiter erhält für Energie, Reinigung etc. Eine monatlichen Pauschale  (von 40 DM) vergütet, Telefonkosten werden gegen Nachweis erstattet.

- Der Zutritt von Unternehmens- und Arbeitnehmervertretern zum Heim-- arbeitsplatz bedarf der Zustimmung des Telearbeiters.

- Die notwendigen Arbeitsmittel werden vom Unternehmen kostenlos zur  Verfügung gestellt. Die Wartung der IBM-Geräte erfolgt kostenlos im Betrieb.

- Die elektrischen Arbeitsmittel werden vom Telearbeiter selbst nach Hause  transportiert und dort angeschlossen. Zuvor muß eine Schutzleiter-prüfung von  einem Fachbetrieb vorgenommen werden.

- Die private Nutzung der von IBM gestellten Arbeitsmittel ist nicht zulässig,  insbesondere das Einlesen privater und privat beschaffter Programme oder Daten- träger.

- Im Büro gelten festgelegte Arbeitszeiten, die Arbeitszeiten zu Hause wird teils als  betriebsbestimmte Zeit vorgegeben und ist teils als selbstbe-stimmte Zeit frei  wählbar.

- Der Telearbeiter führt ein Arbeitstagebuch, in dem alle vergütungsrele-vanten Zeiten  dokumentiert werden und das am Monatsende der Führungskraft vorgelegt wird.

- Um anerkannt zu werden, muß Mehrarbeit im voraus von der Führungskraft an- geordnet sein.

- Fahrtkosten zwischen der betrieblichen und außerbetrieblichen Arbeitsstätte  werden nicht erstattet. Fahrtzeiten finden keine Anerkennung.

- Notwendige Arbeitsunterlagen können mit Zustimmung der Führungskraft an den  Heimarbeitsplatz verbracht werden.

- Die Haftung des Telearbeiters, Familienangehörige sowie berechtigter Besucher  gegenüber dem Unternehmen ist auf Vorsatz und grobe Fahrläs-sigkeit be-schränkt.

- Der Heimarbeitsplatz kann von beiden Seiten mit einer Ankündigungsfrist von drei  Monaten zum Quartalsende aufgegeben werden.

- Vertrauliche Daten und Informationen sowie Paßwörter sind so zu schützen, daß  Dritte keine Einsicht nehmen können.


e-mail: wernhard.moeschel@uni-tuebingen.de(wernhard.moeschel@uni-tuebingen.de)
Wilhelmstraße 7, 72074 Tübingen Tel.: 07071/ 29-78116, Fax: 29- 2105

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